Hochsensibilität

Susanne Undisz weiß seit vier Jahren, dass sie hochsensibel ist. Auf der Werkwoche in Stapelfeld hat sie in dem Arbeitskreis „Hochsensibilität – dein Geschenk an die Welt“ Ihre Erfahrungen geteilt. Der Hirschberg hat danach ein Interview mit ihr geführt.

Susanne, woran merkt man, dass man hochsensibel ist?
Man nimmt seine Umwelt sehr intensiv wahr und verarbeitet sie auch sehr tief. Das können Wahrnehmungen sein, die anderen meist gar nicht so präsent sind z. B Sinneseindrücke wie Gerüche oder Geräusche aber auch Stimmungen in Räumen. Bei Menschen  nehmen Hochsensible zum Beispiel eher wahr, ob jemand ehrlich ist oder ob die Person eine Maske trägt und eigentlich etwas ganz anderes meint. Hochsensible spüren feine Unterschiede sehr deutlich. Alles, was auf der Gefühlsebene im Nonverbalen, nicht Verstandesebene liegt und trotzdem da ist, das spürt man sehr, sehr genau. Zum Teil haben Hochsensible auch Vorahnungen, das wird dann von Experten als hochsensitiv einsortiert.

Das ist aber auch sicher sehr anstrengend!
Durch dieses intensive  Wahrnehmen und Verarbeiten ist man schneller erschöpft. Gerade auch in Kontexten, wo viele Menschen sind, in der Familie oder im Beruf, wo man sehr intensiv arbeitet, viel Leistung bringen möchte. Man geht dann schnell über seine Grenzen hinaus.  Entsprechend ist es wichtig, sich regelmäßig Pausen zu gönnen uns sich gut abzugrenzen bzw. gut für sich durch regelmäßige Spaziergänge und Essen zu sorgen. Corona war auch in dieser Hinsicht ein Katalysator, ich habe meine Hochsensibilität viel deutlicher zu spüren bekommen. Die ganze Familie war zuhause, Homeschooling als Standardmodus und der Beruf sollte parallel einfach normal weiterlaufen. Das ging Anfang 2021 für mich einfach nicht mehr.

Du hast dann auch mit Hilfe einer auf Hochsensible spezialisierten Therapeutin als Erstes gelernt, deine Hochsensibilität zu verstehen und Strategien für deinen Alltag zu finden.
Richtig. Das ist zwingend notwendig aber gar nicht leicht. Auf jeden Fall passt es oft nicht in den normalen Lebensrhythmus oder auch  gerade in die Erwartungshaltung. Zum Beispiel als  Eltern, da sollten wir für unsere Kinder in jedem  Moment da sein. Und gleichzeitig habe ich aber in meiner Familie gespürt, in dem Moment, wo ich für mich sehr klar gesagt habe, ich brauche diese Ruhepausen,  ich brauch diese Rückzugsräume, war das auch wieder eine Chance für die Familie, denn vielleicht tut es anderen ja auch gut. Oder in der Großfamilie, wo gerne große Familienfeste gefeiert werden und wenn man da plötzlich geht und sagt, „ich  muss jetzt aber meine halbe Stunde weg, ich brauch das für mich!“ ist das erstmal so „Oh magst du uns nicht mehr? Was ist denn jetzt los?“. Also erstmal kommt das auch als Ablehnung an. Aber wenn man darüber kommuniziert und sagt, „das ist gerade das, was ich brauche, und danach bin ich wieder klar, da hab ich wieder meine Kraft“, kann das auch eine ganz andere Intention annehmen, weil andere eben dann auch hingucken. Es ist einfach wichtig, dass man darüber redet.

Das fordert aber Mut!
Ja man braucht den  Mut, erstmal das sich selbst einzugestehen, zu sagen „ja, ich bin hochsensibel“. Und als zweiten Schritt nach außen zu kommunizieren „Ich bin hochsensibel und deshalb brauche ich meine Pausen, das ist wichtig für mich“. Vor der Erkenntnis, dass ich  hochsensibel bin, war da lange ein Gefühl von Verlorensein, von fehlender Zugehörigkeit. Also man merkt sehr schnell, wenn man anders tickt, anders als andere, das ist den meisten Hochsensiblen ganz klar. Bei manchen kann das pathologisch werden, zu  richtigen Depressionen führen. Weil man sich immer wieder in Frage stellt und spürt, irgendwie bin ich anders und als soziale Wesen wollen wir ja dazugehören und Anerkennung von anderen bekommen. Gleichzeitig habe ich jetzt  gemerkt, je mehr ich mit meiner Hochsensibilität nach außen gehe, desto mehr Positives kommt eigentlich zu mir auch wieder zurück.

Das vollständige Interview und weitere Beiträge zum Thema „Achtsamkeit“  finden Sie in der Ausgabe 1-2023 des Hirschberg Magazins, die Anfang Februar erschienen ist.
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