ND-Leitung: „Niemand darf hinter den Goldstandard der Aufklärung zurückfallen“

Der Inhalt dieses Beitrages entspricht der persönlichen Meinung des Autors.

Angesichts der Diskussionen um die Aufarbeitung der Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche stellt sich die ND-Bundesleitung an die Seite der Leitung des Aachener Bistums bei ihrem mutigen Paradigmenwechsel und zeigt Konsequenzen für das verbandliche Handeln des ND auf.

ERKLÄRUNG DER ND-BUNDESLEITUNG:

„Endlich nehmen die Verantwortlichen die Perspektive der Betroffenen ein und fragen öffentlich nach den systemischen Ursachen des Missbrauchs. Das in Aachen vorgestellte Gutachten der Kanzlei Westphal Spilker Wastl macht vor allem Klerikalismus als Triebfeder für die Täter aus und beschreibt ein ‚System der Verantwortungslosigkeit‘.

Diese übergreifende Analyse gilt ungeachtet und jenseits notwendiger Bewertungen in jedem Einzelfall. Natürlich braucht es weiter eine konsequente Aufklärung und Verfolgung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. Hierzu müssen alle, die sich schuldig gemacht haben, aktiv beitragen. Darüber hinaus unterstützen wir die Verantwortlichen in der Kirche darin, die notwendigen institutionellen Schritte schnell und konsequent weiterzugehen, um zukünftig Missbrauch zu verhindern und Betroffene bestmöglich zu schützen.

Die Suche nach Wahrheit ist eine Frage der Moral

Dieser Paradigmenwechsel hin zu einer wirklichen Betroffenen-Perspektive ist aus unserer Sicht längst überfällig. Eine bloß strafrechtliche Einordnung des Missbrauchs bei Tätern und bei ihren vorgesetzten Bistumsverantwortlichen reicht nicht aus. Kirchenrepräsentanten müssen sich an ihren, gegenüber anderen eingeforderten, moralischen Ansprüchen aus christlicher Verkündigung ebenso wie an ihrem (Nicht)Handeln messen lassen. In der Missbrauchsfrage sind sie daran bisher größtenteils gescheitert.

Das Gutachten hat den „Goldstandard der Aufklärung“ (Daniel Deckers, FAZ) gesetzt. Dahinter darf niemand, dem ernsthaft an der Glaubwürdigkeit kirchlicher Lehre und christlichen Handelns gelegen ist, zurückfallen. Höchst zweifelhaft erscheint uns deshalb das Agieren der Kölner Kurie.

Als KatholikInnen werden wir von der Öffentlichkeit für das Fehlverhalten in Mithaftung genommen. Es macht unsere Solidarität mit den Betroffenen, unser Empfinden für ihr Leiden und unsere freundschaftliche Verbundenheit zu den vielen Geistlichen in unserem Verband unglaubwürdig.

Wir erwarten, dass in allen deutschen Bistümern nach Beispiel des Aachener Bistums verfahren und öffentlich benannt wird, wer sich an den Betroffenen des Missbrauchs durch Vertuschen, Lügen und Schweigen mitschuldig gemacht hat. Wir begrüßen ferner die Initiative des Bischofs von Aachen als Zeichen einer glaubwürdigen Solidarität mit den Betroffenen, die Zahlungen zur Anerkennung des Leids durch einen persönlichen Verzichts der Bischöfe, Priester und weitere Verantwortlicher des Bistum Aachen zu finanzieren.

Konsequenzen für unser verbandliches Handeln

Klerikale Denkmuster bestehen in allen Strukturen kirchlichen Lebens. Auch wir im ND können uns nicht davon freisprechen, ihnen in der Vergangenheit gefolgt zu sein und es heute noch zu tun. Dessen ungeachtet sind uns die Priester und Ordensleute im Verband als SeelsorgerInnen und TheologenInnen lieb und teuer. Wir schätzen das partnerschaftliche und vertrauensvolle Verhältnis mit ihnen, auch in der gemeinschaftlichen Wahrnehmung von Leitungs- und geistlichen Aufgaben in unserem Verband. Gemeinsam suchen wir nach zukunftsfähigen Ausprägungen eines Lebens aus dem christlichen Glauben.

Angesichts der tiefgreifenden Kirchenkrise sind wir persönlich wie als Verband gefordert, unser aktuelles Priesterbild selbstkritisch zu reflektieren.

Wesentlich stärker als bisher müssen und werden wir die theologischen und spirituellen Kompetenzen aller Frauen und Männern im ND zum Tragen bringen. Deshalb ermutigen wir sie, selbstbewusst mehr Verantwortung für das religiöse Verbandsleben wahrzunehmen und dabei alle Spielräume auszuschöpfen, die uns der ND als eigenständiger Verband in Kirche und Gesellschaft ermöglicht.“

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