Alles Gute zum Bundesfest

Der Inhalt dieses Beitrages entspricht der persönlichen Meinung des Autors.

Beim Stöbern durch die Zeitungsstapel stach mir Anfang November ein Artikel aus der Süddeutschen Zeitung ins Auge. Ein mehrspaltiges Portrait von Kardinal Woelki, wie der Kölner Erzbischof bei einer Eucharistiefeier die Hostie hochhält. Darunter die Überschrift „Sag zum Abschied leise Amen – Wenn die Mitgliedschaft gekündigt wird wie ein ungenutztes Fitness-Abo: Was die Deutschen aus der Kirche treibt“. Das haben wir, glaub‘ ich, ausreichend erörtert.

Mich persönlich halten ja die Begegnungen mit den Bundesgeschwistern in der Kirche. Das dramatische Dilemma der katholischen Kirche in Köln und anderswo bringt in der SZ Annette Zoch auf den Punkt. „Die katholische Kirche ist praktisch nur noch mit sich selbst beschäftigt – aber sie ist zu dieser Selbstbeschäftigung auch verdammt, will sie nicht ihre Glaubwürdigkeit verlieren. So wie es ist, kann es jedenfalls nicht bleiben.“ Stimmt natürlich, keine Frage.

Was bin ich froh, dass wir uns im ND nicht in einer Bauchnabelschau erschöpfen, uns nicht im Nachtrauern der guten alten Herrlichkeiten verlieren und nicht mittels einer Mitgliedergewinnungmaximierungsstrategie inklusive des 99. Schnupper-Paketes versuchen, unser Heil zu gewinnen. Neben dem Dauerbrenner Erneuerung der Kirche verhandeln wir im ND gesellschaftskritische Fragen. Nach der Bewahrung der Schöpfung. Nach den Rechten der Frauen. Nach der Rolle der jungen Generation und der Familien. Nach Gerechtigkeit und Globalisierung. Demokratie spielt bei uns eine Rolle. Nehme ich zumindest an.

 

Bund – Netzwerk – Freund*innen fürs Leben

Heute und dieser Tage wird in Gruppen, bisweilen auch überörtlich, das Bundesfest gefeiert. Der ‚Bund‘ hat für die Älteren einen hohen Stellenwert. Stichworte: Weggefährtenschaft, Zusammengehörigkeit, Vertrauenvorschüsse, das bundesgeschwisterliche Du. Im Begriff schwingt natürlich auch der Bund Gottes mit den Menschen mit. Eine altehrwürdige Tradition, die Quereinsteiger und Jüngere kaum kennen.

Bei denen firmiert der ND als christliches Netzwerk. Geprägt wurde der Begriff übrigens beim ND-Kongress in Dresden, weil die rheinisch-katholische Verbandvorstellung im Osten Deutschlands fremd bis suspekt beäugt wurde. Manche protestieren – übrigens zurecht, wie ich finde – und erklären, der ND müsste sich ehrlich machen und präziser von einem „katholischen Netzwerk“ sprechen. Aber wie weit wir im ND ökumenisch ticken, müssen wir an anderer Stelle klären. Last not least die last generation im ND. Die sprechen weder vom Bund oder vom Netzwerk. Sie schwärmen davon, im ND Freunde fürs Leben zu finden. Läuft.

Die Vorstellungen, die alle irgendwie ihre Berechtigung haben, sollten wir nicht versuchen gegeneinander auszuspielen, sondern sie in ihrer Mehrdimensionalität und in den Mehrwerten für den ND jeweils wechselseitig wertschätzen. „Respect the poets!“, heißt es beim Slam. Davon wünschte ich mir manchmal mehr. Nicht immer diese Gedankenabsolutismen und die Ausschließeritis.

 

Wohin sind wir unterwegs?

Ein letzter Punkt. Derzeitig navigieren wir den ND in einem Quadranten, der einerseits bestimmt wird durch den Claim „Christsein.heute“. Zweitens handeln wir in einer Vielzahl von „Personal.Gemeinden“ quer über die Republik verteilt, vierfach konzentriert zwischen den Jahren, an drei Pfingstgeistorten, in der Osterwoche zentral versammelt, in Generationskohorten unterwegs oder in Gruppenkonstellationen. Die dritte Boje lässt sich als kritisch-intellektuell-politisch beschreiben und schließlich als vierten Bezugspunkt die kulturell-kreativen Aktivitäten. Damit lässt sich eine aktuelle Positionsbeschreibung trefflich ableiten. Ein ND-Logbuch kann von höchst diversen Aktivitäten zwischen diesen vier Punkten Zeugnis ablegen.

Ein geflügeltes Wort in neudeutschen Kreisen spricht vom ND als Tankstelle. Zum Auftanken, zum Durchschnaufen, wo die Welt draußen immer wilder, verrückter und irrsinniger wird. Der Ursprung dieser Vorstellung liegt im fossilen Zeitalter. Aber reicht uns das aus? Ist unser Anspruch so niedrig? In meinen Augen ist die zukunftszentrale Frage nur nebulös geklärt. Wohin sind wir zusammen unterwegs? Wofür setzen wir uns gemeinsam ein, streiten und engagieren uns?

Eine vorwitzige Stimme auf dem Rat (aus der mittelalten Fraktion, wurde mir zugetragen) behauptete felsenfest: Wir haben kein Programm. Nun ja, was ist mit dem Hirschberg-Programm? Das Original wird nächstes Jahr hundert Jahre alt. Und die Würzburger Fassung ist ziemlich in die Jahre gekommen. Blättern wir eine neue Seite auf! Nochmals, liebe Bundesgeschwister: Alles Gute zum Bundesfest. ND, schön dat de do bess!

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Der ND – Christsein.heute ist ein akademisch geprägter katholischer Verband mit 100-jähriger Tradition und einer Verbreitung im ganzen Bundesgebiet.